Stiftung Schönau stellt Versuchsfläche im Kollekturwald Mannheim zur Verfügung
von Alexandra Jöst-Handlos

Während eines Gesprächs im Rahmen eines Interviews mit dem Mannheimer Morgen Ende September 2022 hatte die Stiftung Schönau, vertreten durch Herrn Philipp (Forstbetriebsleitung) dem Aktionsbündnis Waldwende Mannheim, vertreten durch Markus Schrade ein überraschendes und zugleich sehr erfreuliches Angebot unterbreitet: Die Stiftung Schönau möchte innerhalb des Kollekturwalds Mannheim eine Versuchsfläche von einem Viertel Hektar (50 x 50 m) zur Verfügung stellen.
(Anm: Das Angebot richtete sich zunächst an das Aktionsbündnis. Das Projekt wird aktuell nun von den Bündnispartnern NABU und BUND begleitet.)
Die Versuchsfläche soll nach den Vorstellungen/Vorgaben des NABU und BUND Mannheim (auf schonende Art und Weise) bearbeitet werden, sodass die Spätblühende Traubenkirsche (Prunus serotina) und andere invasive Neophyten wie Robinie und Götterbaum, von denen der Kollekturwald (und viele andere Bereiche des Käfertaler Waldes) insgesamt stark durchsetzt ist, zurückgedrängt werden und somit Platz für heimische Pflanzenarten geschaffen wird. Auf den frei gewordenen Bereichen sollen bestimmte heimische Baumarten wie z.B. Stiel-Eiche durch einen Mix aus Naturverjüngung, Saatgutausbringung und Pflanzungen etabliert werden. Durch dieses Projekt soll auch herausgefunden werden, welcher Zeitaufwand für eine manuelle Bearbeitung erforderlich ist und inwieweit sich das Vorgehen, auch unter ökonomischen Gesichtspunkten, auf größere Flächen übertragen lässt.
Aber was bedeutet denn, eine schonende, manuelle Vorgehensweise?
Hierzu vorweg ein kurzer Rückblick: Die Waldeigentümerin, die Stiftung Schönau (zuvor: Evangelische Stiftung Pflege Schönau) möchte den sogenannten Kollekturwald im Rahmen einer Ökokontomaßnahme binnen 8 Jahren sukzessive ‚umbauen‘. Kurz gefasst ist das Ziel, die oben erwähnten Neophyten weitestgehend zu beseitigen und einen klimastabilen, zukunftsfähigen Wald zu schaffen. Jedoch gab und gibt es sehr unterschiedlichen Ansichten, wie dieser ‚Umbau‘ vollzogen werden soll. Bereits vor Beginn der Maßnahme. Mehrere Akteure aus unterschiedlichen Naturschutzverbänden und Initiativen hatten Kritik zu bestimmten Punkten vorgebracht und auch mehrere Vorschläge zu Alternativen gemacht. Siehe hierzu auch die Stellungnahmen der AG Wald Mannheim.
- https://www.wald-mannheim.de/aktuelles/stellungnahme-zum-vorhaben-kollekturwald-der-pflege-schoenaudurch-die-ag-wald-mannheim-am-16-07-2020/
- https://www.wald-mannheim.de/aktuelles/zweite-stellungnahme-zum-vorhaben-kollekturwald-der-pflege-schoenaudurch-die-ag-wald-mannheim-am-28-09-2020/
Die dann seinerzeit seitens der Projektplanung beschlossenen und dann auch bisher durchgeführten Maßnahmen (seit Herbst 2021) zur Flächenvorbereitung und Pflanzungen entsprechen nicht den Vorstellungen des Aktionsbündnis Waldwende Mannheim (BUND, NABU, Greenpeace, Waldwende Jetzt) und anderer Akteure aus dem Natur-/ Waldschutz-Bereich. Es wurden neben den Traubenkirschen und Robinien auch viele Kiefern und einige andere Bäume gefällt; ältere Exemplare der Traubenkirsche wurden mittels Bagger samt Wurzeln herausgerissen, wodurch der Oberboden quasi gepflügt und somit inkl. Humusschicht zerstört wurde; es wurden Rückegassen in Abständen von +/- 20 m angelegt, die dann entsprechend mit schweren Maschinen befahren wurden. Zudem erfolgten auch mehrere Befahrungen jenseits der Rückegassen. Der Großteil des Totholzes wurden von den Flächen geschafft (Ein kleiner Teil wurde auf den Flächen belassen bzw. wieder eingebracht). Die Umbauflächen wurden dann großräumig umzäunt. Vom Prinzip her wurde hier weitestgehend die gleiche (aber nicht völlig identische) Methodik angewandt, die auch die Stadt Mannheim auf ihren Flächen angewandt hatte. Weitere Infos siehe z.B. https://www.wald-mannheim.de/aktuelles/forstbetrieb-foerdert-durch-waldumbau-ausbreitung-invasiver-neopyhten/
Nun zurück zur Versuchsfläche:
Am 12.10.2022 erfolgte der Arbeitseinsatz. Konkret wurde folgendes getan:
6 Personen arbeiteten auf der Fläche. Im ersten Schritt wurden mit Kettensäge und Freischneider die Spätblühenden Traubenkirschen abgesägt bzw. abgeschnitten, mit Ausnahme älterer Exemplare mit einem Stammdurchmesser ab 10 cm.* Einzelne dieser Exemplare wie auch Götterbäume wurden geringelt. Anschließend wurden das in großen Mengen angefallene Schnittmaterial mit Muskelkraft je nach Lage an die Außenränder der Fläche geschafft oder auf mehrere Haufen verteilt auf der Fläche zusammengetragen. Anderes Material bzw. Totholz unterschiedlicher Stärken blieb auf der Fläche. Vorteil des Schnittmaterials an den Außenrändern: Die so erstellte “Benjeshecke” stellt eine natürliche Barriere für Wild dar. Somit werden eine Umzäunung der Fläche oder Einzelbaumschutz überflüssig.
Im Grunde war's das schon. Also ohne große Maschinen wie Bagger, somit ohne Rückegassen, ohne Holztransport/-Aufbereitung usw. und ohne Zaun. Der sensible Waldboden ist somit unversehrt bzw. nicht verdichtet und die Humusschicht erhalten.
In einem nächsten Arbeitsgang sollen im Winter 2022/2023 (Termin noch offen) auf der Fläche unterschiedliche heimische Baumarten in unterschiedlichen Kombinationen gepflanzt sowie Saatgut bestimmter Arten ausgebracht werden. Hierbei mussten Kompromisse eingegangen werden, da aufgrund gewisser Vereinbarungen im Rahmen des Ökokontos die Pflanzungen von Bäumen an sich und auch bestimmte Baumarten vorgegeben sind. Hätten wir frei wählen können, hätten wir auf Pflanzungen des üblichen Baumschulmaterials gerne völlig verzichtet. Primär sollte eine Waldentwicklung durch Naturverjüngung erfolgen oder dann unterstützend durch lokal gewonnenes Saatgut oder sogenannte Wildlinge.
Wenn nun doch gepflanzt wird, sollte die Baumartenzusammensetzung der potentiell natürlichen Vegetation entsprechen oder zumindest dieser sehr nahe kommen, sodass ich ein naturnahes und stabiles Ökosystem entwickeln kann. Gebietsfremde Arten, vor allem fremdländische stellen immer Störfaktoren dar, die eine ‚natürliche‘ Entwicklung stark beeinträchtigen.
Da es bei der Versuchsfläche wie gesagt (leider) gewisse Mindestvorgaben gibt, haben wir versucht, die Auswahl so nah wie möglich an der potentiell natürlichen Vegetation und den z.T. leicht unterschiedlichen Standortverhältnissen innerhalb der Fläche zu orientieren. Andere Teilbereiche werden nicht bepflanzt. Wir sind daher sehr zuversichtlich, dass sich hier tatsächlich ein Ökosystem entwickeln kann, dass man später als Wald bezeichnen könnte.
*Dies ist ein wichtiger Aspekt: Die alten Exemplare der Spätbl. Traubenkirsche sind bereits abgängig und somit in der Endphase ihrer Lebenszeit. Ein Fällen oder Rückschnitt käme einer Verjüngungskur gleich. Zudem spenden sie noch (gemeinsam mit den heimischen Bäumen) für ein paar Jahre Schatten, wodurch sich die Fläche (im Sommer) nicht so stark erwärmt und insgesamt mehr Feuchtigkeit auf der Fläche gehalten wird. Im Schatten dieser ‘Überhälter’ kann der Nachwuchs bestimmter Baumarten wie Rotbuche und Hainbuche gut gedeihen. Und das Bodengefüge bleibt völlig intakt, da keine Wurzeln herausgerissen werden.